Wissenschaft als Kompass in einer komplexen Welt
Stiftungsratspräsident Prof. Dr. Lorenz Risch betont im Vorwort die Rolle der Wissenschaft als unersetzlichen Kompass und Motor gesellschaftlicher Entwicklung. Die Wissenschaft stehe unter kritischer Beobachtung, bisweilen sogar unter Beschuss. Ihre Bedeutung für die Menschheit könne deshalb nicht deutlich genug betont werden, so Risch. Die UFL sei eine Universität, an der unabhängig geforscht und Wissenschaft gelebt werde. «Wenn die Wissenschaft unter Druck gerät, wenn sie verdrängt werden soll, dann müssen diese Orte der freien Forschung besonders geschützt werden», schreibt er. Anlässlich der Präsentation des Jahresberichts loggte Risch sich live in die neue Forschungsdatenbank der UFL ein und verwies nicht ohne Stolz auf die nun auch weltweit sichtbaren Forschungsleistungen aus Liechtenstein.
Die Einführung eben dieser digitalen Forschungsplattform und des webbasierten Serviceangebots «Science Skills Services (3S)» war denn auch ein Schwerpunkt im Jahr 2024. Damit werden Abläufe effizienter, können moderne technologische Infrastrukturen besser implementiert werden, Forschungsvorhaben besser evaluiert und eine langfristige Datenqualität gesichert werden, schreibt Frau Dr. Daniela Purin, verantwortlich für die Umsetzung der Projekte. Die Digitalisierung erleichtere vor allem auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Hochschulentwicklungsplan 2025–2030
Die Finalisierung des Hochschulentwicklungsplans 2025–2030 war ein zentraler strategischer Meilenstein des vergangenen Jahres. Rektorin Dr. Barbara Gant beschreibt den Prozess als Ausdruck der universitären Kultur: Partizipativ, interdisziplinär, zukunftsorientiert. «Wir haben eine Vorstellung, wie die UFL in fünf Jahren aussehen soll. Und wir haben die nötigen Massnahmen beschlossen, wie wir diese Vision umsetzen wollen», so die Rektorin in ihrem Beitrag.
Der Plan konzentriert sich darauf, die institutionellen Kapazitäten der UFL zu stärken, das Forschungsprofil weiter zu schärfen und das Lehrangebot auszubauen. Dabei werden die sich wandelnden Bedürfnisse von Forschenden und Studierenden berücksichtigt. Technologische Innovationen und gesellschaftliche Entwicklungen werden als universitätsweite Leitthemen die wichtigsten Entwicklungsinitiativen und -massnahmen prägen.
Ausbau Campus und Infrastruktur
Mit der Erweiterung um 380 qm neuer Flächen im historischen Hauptgebäude der UFL in Triesen wurde Raum für weitere Arbeitsplätze, Besprechungsräume und ein modernes Arbeits- und Studienumfeld geschaffen. Die Gestaltung erfolgte unter Wahrung des denkmalgeschützten Charakters des Gebäudes und lädt damit in besonderer Atmosphäre zum Arbeiten und Studieren ein. «Die UFL erweitert ihren Campus nicht nur physisch, sondern schafft auch symbolisch Raum für Zukunft», schreibt Rebekka Wehrer, Leiterin Kommunikation, Marketing & Veranstaltungswesen, im Jahresbericht.
Interdisziplinarität als Kern
Universitätsrat Prof. Dr. Heidegger hebt im Interview die Interdisziplinarität als besondere Stärke der UFL hervor: «Wir leben eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, von der beide Fakultäten profizieren. Die geballte Kompetenz an der UFL ermöglicht es, zukunftsrelevante Fragen etwa zu Künstlicher Intelligenz (KI) im Gesundheitswesen oder dem Gesundheitsrecht juristisch wie medizinisch fundiert zu bearbeiten.»
Die berufsbegleitende Ausrichtung der Doktoratsstudien an der UFL bleibt weitgehend ein Novum. Studiengangsleiter Prof. Dr. Christoph Säly verweist zudem auf die Einzigartigkeit seines Studiengangs «Dr. scient. med.»: «Unser Curriculum fokussiert nicht nur auf Inhalte, sondern vermittelt systematisch wissenschaftliches Arbeiten. Das macht unseren Studiengang einzigartig», schreibt er. Die Studierenden der Medizinisch-Wissenschaftlichen Fakultät kommen aus den vier DACHLI-Ländern, knapp 50 Prozent davon aus der Schweiz. 40 Prozent der Studierenden sind Frauen.
Auch Dekan Prof. Dr. Bernhard Güntert würdigt die Interdisziplinarität an den Fakultäten. Mit Prof. Dr. Claudia Seitz, Professorin für Öffentliches Recht, Europarecht, Völkerrecht und Life Sciences Recht, habe nicht nur die juristische Fakultät eine neue Professorin erhalten. Sie ist unter anderem Spezialistin im Medizinrecht. Dies bedeutet, dass die Fakultäten mehr gemeinsam forschen können, schreibt Prof. Güntert.
Professorin Claudia Seitz leitet zudem das in Gründung befindliche Institut für Europa- und Völkerrecht (IEVR) an der Rechtwissenschaftlichen Fakultät. Damit werden die bisherigen Forschungsaktivitäten im Europarecht und im internationalen Recht an der UFL in einem Kompetenzzentrum gebündelt.
Für die Rechtswissenschaftliche Fakultät äussert sich Dekan Prof. Dr. Jens Eisfeld «durchwegs positiv». Im Interview verweist er auf die gute Stimmung in den Doktorierendenkolloquien. Professorenschaft und Studiengangsleitung würden alle an einem Strang ziehen und fühlen sich gemeinsam für den Erfolg des Studiengangs verantwortlich. Zudem herrsche Einigkeit über die Qualitätsstandards. Dadurch entstünde eine produktive und leistungsbereite Atmosphäre unter den Studierenden, die den Studiengang «Dr. iur.» häufig auch weiterempfehlen. Studiengangsleiterin Dr. Elisabeth Berger bestärkt dies in ihrem Bericht: das an der UFL entwickelte Konzept ziele darauf ab, den Studierenden eine optimale Studienstruktur sowie ein motivierendes Umfeld zu bieten. Der Lehrplan orientiere sich vor allem an den Bedürfnissen Berufstätiger. Und auch Absolventinnen, Absolventen und Studierenden legen im Jahresbericht positives Zeugnis über ihre Studienzeit ab. In der Rechtswissenschaftlichen haben ebenfalls alle Studierenden ihren Wohnsitz im DACHLI-Raum, 61 Prozent davon Deutschland. Und auch hier zeigt sich ein erfreulicher Durchschnitt von 47 Prozent Frauenanteil über die letzten drei Jahre. Das Durchschnittsalter der Studierenden liegt übrigens bei 37 Jahren, ein klarer Ausdruck des berufsbegleitenden Charakters der Studiengänge.
Forschung mit internationaler Ausstrahlung
Prof. Dr. Harald Renz, Co-Vorsitzender des Universitätsrates, verweist auf die im Bericht vorgestellten Forschungsprojekte. Das Institut für Translationale Medizin (ITM), geführt von Prof. Dr. Christoph Gassner, hat 2024 Blutgruppensysteme unter die molekulare Lupe genommen. So wurde eine neue Variante im Blutgruppensystem Kidd beschrieben, die damit diagnostizierbar ist. Weitere Forschungsergebnisse wurden publiziert. Das Institut für Labormedizin (ILM) unter der Leitung von Professor Lorenz Risch konnte 2024 an der seit 2010 laufenden Langzeitstudie GAPP weiterforschen und im Rahmen dessen neue Sub-Studien durchführen, wie die CoVI-GAPP-Studie, in der signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede im Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion aufgedeckt werden konnten. Auch am Institut für Liechtensteinisches Recht und Rechtstheorie (ILRR) wurde 2024 weiter geforscht und Forschung vermittelt. So stand das Thema «Richterliche Ethik» ebenso auf der Agenda wie die 3. KOLLOQUIA Triesen.
2024 schlossen sieben Studierende der Medizinisch-Wissenschaftlichen Fakultät die Promotion ab. Ihre Dissertationen befassten sich mit aktuellen Fragestellungen der klinischen Forschung, Gesundheitsversorgung und Diagnostik, darunter Themen wie die Rolle von Biomarkern bei neurodegenerativen Erkrankungen, Patientenzufriedenheit in der Pflege, Risikobewertung bei koronaren Interventionen und immunologische Aspekte kardiovaskulärer Erkrankungen. Weitere elf Absolventinnen und Absolventen erhielten den Titel «Dr. iur.» für ihre erfolgreichen Forschungsarbeiten. Die Dissertationen deckten von zivil- und verfassungsrechtlichen Fragen über rechtsvergleichende Analysen bis hin zu Grundlagen der Rechtsphilosophie ein breites Spektrum ab. Erneut drei Arbeiten widmeten sich speziell dem liechtensteinischen Recht.
Allein 2024 wurden Forschende und Affiliierte der UFL weltweit in 79 Publikationen zitiert, 61 davon in sogenannten peer-reviewed Publikationen. In Europa, den USA und anderen Ländern der Welt haben UFL-Angehörige zudem fast 88 Kongressbeiträge geliefert. «Die Welt nimmt uns wahr, nimmt Forschung aus Liechtenstein wahr», sagt Renz. Auch konnte fast 700 Tausend Franken (697’160) an Forschungsgeldern eingeworben werden.
Internationale Kooperationen und Anerkennung
Die UFL ist Gründungsmitglied des Center for Space and Aviation Switzerland and Liechtenstein (CSA). Das CSA wurde am 9. Dezember 2024 als eidgenössisch beaufsichtigte Stiftung konstituiert. Die strategischen Ziele des Zentrums umfassen die Förderung der Nutzung von Luft- und Raumfahrt in der Schweiz und Liechtenstein, die Nutzbarmachung von Forschungserfolgen für die Gesellschaft und die Wirtschaft sowie die Positionierung der Region in der globalen Space Economy. Als Gründungsmitglied erschliesst sich die UFL damit zukunftsorientierte Forschungsfelder. Sie bringt wissenschaftliche Expertise in den internationalen Diskurs über Chancen und Herausforderungen in diesem Bereich ein. Ziel ist es, einen Beitrag zur verantwortungsvollen Nutzung des Weltraums zu leisten. Ein Schwerpunkt der UFL wird auf fachspezifischen Fort- und Weiterbildungen liegen.
Im Juni 2024 wurde der UFL die Erasmus-Charta für Hochschulbildung (ECHE) verliehen. Das berichtet Eva-Maria Schädler, Leiterin Studium & Weiterbildung, in ihrem Beitrag für den Jahresbericht. Damit können Studierende, Lehrende ebenso wie Mitarbeitende der UFL aktiv an den europäischen Bildungsprogrammen Erasmus + teilnehmen. Mit der Unterzeichnung der Charta verpflichtet sich die UFL zur Einhaltung der allgemeinen Qualitätsstandards für europäische und internationale Kooperationen und zur Förderung einer offenen, grenzüberschreitenden Wissenschaftskultur.
Wissenschaft in Gefahr!?
«Wissenschaft, als die Suche nach dem Faktischen, der faktisch untermauerten Richtigkeit, kommt heute in Zeiten von Fake News eine herausragende Bedeutung zu. Die Politik ist gefordert, der Wissenschaft jenen Freiraum einzuräumen, den sie braucht, um streitschlichtend wirken zu können», das sagt Dr. Heinz Frommelt, Co-Vorsitzender des Universitätsrates abschliessend bei der Vorstellung des Jahresberichts. Er verweist dabei auch auf die brisanten Vorkommnisse in den USA und den dortigen Umgang mit Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft. Europa und eben auch Liechtenstein können hier ein Gegengewicht, ein Leuchtsignal setzen, das weit über die Grenzen hinaus zeigt, hier wird Wissenschaft ernstgenommen, hier darf unabhängig und frei geforscht werden. Der fortgeschrittene Ausbau von Forschung und Wissenschaft an der UFL aber auch ihrer Infrastruktur und Organisation im Jahr 2024 habe auch die Wahrnehmung Liechtensteins nach aussen gefördert und damit den Wirtschaftsstandort Liechtenstein gestärkt, ist Frommelt überzeugt. Er appelliert deshalb auch an die Politik, ein Hand-in-Hand mit der Wissenschaft anzustreben. Denn erst die genaue Erforschung von Sachverhalten würde jene Klarheit schaffen, die es braucht, um bei Streitigkeiten und öffentlichen Diskussionen über Richtig oder Falsch auf Faktenbasis vermitteln und richtige Entscheidungen zum Wohle der Gesellschaft treffen zu können.
Fazit
Die UFL festigt ihre Rolle als forschungsstarke, interdisziplinäre und moderne Universität in Liechtenstein – mit internationaler Reichweite und lokaler Verankerung. Ihr Engagement für wissenschaftliche Qualität, digitale Transparenz und gesellschaftliche Relevanz spiegelt sich in den zahlreichen Initiativen und Erfolgen des Jahres 2024 wider.
Material
Der vollständige über 60-seitige Jahresbericht 2024 der UFL ist online abrufbar.
Hier geht es zum UFL Forschungsportal.
Weitere Informationen
Rebekka Wehrer, Leiterin Kommunikation; rebekka.wehreruflli
UFL, Dorfstrasse 24, FL-9495 Triesen, Telefon +423 392 40 10
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