Podium Recht: Unternehmenscompliance im Recht der EU und Österreichs «in the shadow of US Law»
| Wann: | Donnerstag, 12. März 2026 18.30 bis 20.00 Uhr |
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| Wer: | Prof. Dr. Judit Jacsó |
| Wo: | UFL Spoerry Triesen, Dorfstr. 24, 9495 Triesen Liechtenstein Online - und vor Ort, Dorfstr. 24, 9495 Triesen Liechtenstein |
| Anmeldung: |
Zum Vortrag:
Compliance hat insbesondere für grössere Unternehmen in den letzten Jahren eine zentrale Bedeutung erlangt. Diese Entwicklung ist massgeblich durch völkerrechtliche Rechtsakte und die Vorgaben der Europäischen Union beeinflusst. Ziel dieser Rechtsakte ist es, einheitliche Standards für unternehmerisches Handeln zu schaffen, damit Rechtsverstösse frühzeitig erkannt und verhindert werden. Insbesondere die Rechtsakte der EU haben zu einer deutlichen Verschärfung der Anforderungen geführt, weil umfassende Compliance-Management-Systeme implementiert werden müssen. Diese erfordern auch, dass die Unternehmen Massnahmen der Selbstregulierungen vorsehen. Wenn in einem Unternehmen gegen gesetzliche Regelungen verstossen wird oder die Vorgaben, die im Rahmen der Selbstregulierungen getroffen worden sind, nicht eingehalten werden, werden solche Verstösse den Leitungspersonen des Unternehmens zugerechnet, wenn sie ihrer Kontroll- und Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind. Hierfür werden strafrechtliche Sanktionen gegen den Verband verhängt.
Die meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union drohen Kriminalstrafen gegen die Verbände an, in einigen wenigen Staaten der EU können nur Verbandsgeldbussen verhängt werden. Nachdem die straf- oder bussgeldrechtliche Verantwortung von Verbänden mittlerweile ein integraler Bestandteil der Sanktionssysteme der Mitgliedstaaten geworden ist, stellt dies hohe Anforderungen an die für die Compliance Verantwortlichen, zumal Compliance-Massnahmen bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind. Während sich die EU im Kartell- und Datenschutzrecht sehr stark an den generalpräventiv ausgerichteten Sentencing Guidelines der USA orientiert, verfolgen die Mitgliedstaaten bei der Sanktionierung der Verbände oft andere Ziele. So ist das österreichische Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) stark spezialpräventiv ausgerichtet und ermöglicht die ganze oder teilweise Nachsicht der Verbandsgeldbussen. Selbst für die Spezialbereiche des Kartell- und Datenschutzrechts, für die es auf EU-Ebene Sentencing Guidelines gibt, haben die österreichischen Behörden auf solche Leitlinien verzichtet und – orientiert an den Sentencing Guidelines der EU – eigene Regeln entwickelt.
Zur Vortragenden:
Prof. Dr. Judit Jacsó ist Universitätsprofessorin am Institut für Österreichisches und Europäisches Wirtschaftsstrafrecht der Wirtschaftsuniversität Wien. Schwerpunkte ihrer Forschungstätigkeit sind das österreichische und ungarische Wirtschaftsstrafrecht sowie das Europäische Strafrecht.